LESEPROBE
   

Traumbeschwiegene

Traumbeschwiegene,
Alabaster Du Schöne,
Eine bizarre zwischenbereichliche
Jagd war Dein fremdgestaltiges Spiel,

Du gaukeltest den Überschäumenden
Ein scheues Wild,
Wir wähnten es
Treiben zu können
So lange.

In weiteren Kreisen
Und bewegteren Sommern
Entschwand Deine Spur,
Moose wuchsen an jenen Stellen -
Auf fruchtbaren Äckern der Seßhaften
Hielten Reife und Dürre
Lebhaften Wechsel.

Vage Kunde traf
Den klaren Blick:
Du weilest nun an anderen Ufern,
Ein Kräuseln umspielte härtere Lippen
Gelassen, freundlich, erheitert.

Doch im frühen Jahr,
Meine ich,
Erklingt noch immer
Ein Hauch,
Ein Restbestand, von Dir,
Der Reinen.

 
Zyklus Mecklenburg
I) Sturm über Usedom

Feucht
Die sandig lispelnden Gräser
Am salzig rauschenden, rollenden
Meer
Weißer Dunst des grellen Tages
Immer nur
Licht, Gischt und Leere -
Schmerzen mich sehr, welch ein
Sturm
In dieser weitgedehnten Öde
Welche Schlichtheit im tosenden
Pulsschlag des
Sterns, des warmen, selbst
Gelben, des Grellen hinter Nebeln
In Fetzen
Scheint er
Die Zeit aus dem Lauschenden
Zu fegen, weit aufs
Meer

 II. Bernstein

Im Scheitelgang, schaumig
Ausgeworfen fast, angespült
Zwischen zwei Kuppen
Gehaltener Lichtfang
Der Tiefe, des weithin
Wogenden Meeres
Einstiger Wälder, ihres
Rauschenden, lichtdurchspülten Seins
Ihrer steingleichen, selten schönen
Selten schönen Wunden.

Hofften wir
Es gerönne das Ambra
Das Ambra unserer Tage, die
Steinerne, splitternde Sprache
Enthielte, umschlösse zeitweit
Einen Teil Lichtes nur,
Außer uns, haltbar wie Stein
Im ewigen Salz -
Schmerz und Licht und Lachen,
Wann fiele es
Von uns ab? Wo ginge es
Unter, in welchem endlosen
Meer versänke es dann?

Im drückenden Dunkel, im
Dunklen Rhythmus gröberer Fluten
Rollend am sandigen
Lichtlosen Grund
Wo wird es gefunden
Dereinst, und wo mag es
Nun schließlich
Brennen?

 III) In Fichtenwäldern

Sanft wie der Schein
Eines fahlen Mondes
In sandigen
Harzdurchglühten
Fichtenwäldern am Abend
Seine wirren Schatten
Zaubert

Und so verhalten
Klar wie nur ein
Spiegelträges Meer das
Rote Leuchten später Sonne
Glänzend streut und deutet -
So heimlich stand in mir
Der alte Geist auf
Unter Bäumen jäh zur Unzeit
Er der Schlichte
Der tödliche Einheitsstifter

Und lässig schlangen sich seine starken
Arme wie Wurzeln, sein
Wortlos mächtiges, sein so ruhendes Murmeln
Um meinen plötzlich kühleren Nacken, tastend
Wanden sich all seine Namen
Nach meinem Herz in der
Klammen Brust, es zu pressen
Bis zum Tod.

Es war
Ein eigentümlicher, ein schöner Ort.

IV) Wolkenwerk

Als dann mit dem weißen Gewölk
Unser Blick zog
Und wie er von oben
So unsäglich geblendet war
Und unter ihm das weite, reiche Land
Fortzog in seinen klaren Farben
Den Schattenspielen, seinen prächtigen Formen
Schwarzer Steine, seines reineren Lebens -
Erstarb mancher Wunsch, jede Trauer.
Es verdampften, lösten sich auf
Schlicht, die süchtigen Bilder,
Regnete sich aus
Über der wandelvollen Ebene
Der zerrende Schmerz.
Kurz noch
Da wir uns dunkel und turmhoch
Drängten an der Steilwand
Eines harten Aufwinds, da
War noch etwas
Doch es schien im warmen Licht nur
Unser Dasein
Völlig vergessen.

 
Massai

Schwarzes Holz, der Speer
Da stehst du, Massai
Schaust in das gelbe
Über das weite grüne Land hin, Massai
Und über dir treiben
Am tiefblauen Himmel
Die raschen, die weißen Wolken,
Massai die vielgewurzelte Erde
Unter dir
Die vielgescheckte Herde
Eins, nur eins
Spricht dein schwarzrotes Auge,
Massai:
Jetzt
Ich kenne das Jetzt.